Verbund

FLU-PREP - Forschungsbasierte Bewertung von zoonotischen Influenzaviren für die Pandemievorsorge und -prävention

Tierische Influenzaviren können ein hohes pandemisches Potential aufweisen. In der Vergangenheit haben zoonotische Influenzaviren bereits mehrfach Pandemien mit hoher Morbidität und Mortalität verursacht.

Der Verbund FLU-PREP zielt darauf ab, eine Infrastruktur für die schnelle Analyse, Bewertung und Kommunikation des Übertragungsrisikos von tierischen Influenza-A-Viren (IAV)  zu schaffen. Dazu sollen neue Virusvarianten identifiziert und in Laboranalysen hinsichtlich ihrer Anpassung an den Menschen charakterisiert werden. Ein mit Experten besetztes Risikobewertungsgremium analysiert die gesammelten Daten und bewertet das pandemische Potential der Viren. Die Ergebnisse werden über strukturierte Kommunikationskanäle an Vertreter der öffentlichen Gesundheit und des Veterinärwesens übermittelt. Dadurch sollen die Eindämmungsmaßnahmen gegen IAV und die Prävention von Ausbrüchen verbessert werden.

Damit leistet das Vorhaben einen wichtigen Beitrag zu den Zielen des Rahmenprogramms Gesundheitsforschung der Bundesregierung, und zwar zu der im Programm veröffentlichten Förderrichtlinie des BMFTR zur Förderung von trans- und interdisziplinären Forschungsverbünden zum Thema „Pandemieprävention und -reaktion im Rahmen eines One-Health-Ansatzes“. Ziel der Fördermaßnahme ist es, die Vorbereitung und Reaktion auf zukünftige Infektionsausbrüche beim Menschen zu verbessern und die interdisziplinäre Zusammenarbeit in der Infektionsforschung sowie mit der Praxis zu stärken. Die Verbünde sollen in der Praxis anwendbare Lösungen zur Vorbeugung und im Ausbruchsfall zur Eindämmung von Infektionen mit unterschiedlichen Erregern und AMR in Deutschland entwickeln.

Teilprojekte

Resistenz gegen antivirale Wirtsfaktoren und Koordination

Förderkennzeichen: 01KI2508A
Gesamte Fördersumme: 869.432 EUR
Förderzeitraum: 2025 - 2029
Projektleitung: Prof. Dr. Martin Schwemmle
Adresse: Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Universitätsklinikum, Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene, Abt. für Virologie
Hermann-Herder-Str. 11
79104 Freiburg im Breisgau

Resistenz gegen antivirale Wirtsfaktoren und Koordination

Neu auftretende Influenza-A-Viren (IAV) unterscheiden sich im Grad ihrer Anpassung an den Menschen und stellen daher ein unterschiedlich hohes zoonotisches Risiko dar. Dazu gehört die Fähigkeit, den Interferon-stimulierten antiviralen Wirtsfaktoren MxA und BTN3A3 zu entgehen, was durch verschiedene adaptive Mutationen im viralen Nukleoprotein und/oder durch Unterdrückung der angeborenen Immunantwort erreicht werden kann. Es soll daher die MxA- und/oder BTN3A3-Resistenz neu auftretender IAV untersucht werden. Dies ist entscheidend für die Bewertung des Pandemierisikos dieser Viren und kann für die Prävention und Kontrolle von Ausbrüchen genutzt werden. Zusätzlich soll eine angemessene zeitliche Planung, schnelle Entscheidungsfindung und Koordination der Arbeit innerhalb der schnellen Risikobewertungspipeline von FLU-PREP gewährleistet werden, um schnelle und zuverlässige Ergebnisse zu erzielen.

Tiermodelle und Referenzmaterialien

Förderkennzeichen: 01KI2508B
Gesamte Fördersumme: 707.500 EUR
Förderzeitraum: 2025 - 2029
Projektleitung: Prof. Dr. Martin Beer
Adresse: Friedrich-Loeffler-Institut, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit
Südufer 10
17493 Greifswald

Tiermodelle und Referenzmaterialien

In einem gemeinsamen Gremium des FLU-PREP-Verbundes soll die Risikobewertung von zoonotischen Influenza-A-Viren (IAV) erfolgen. Ein Ziel dieses Teilprojektes ist es, Referenzmaterialien wie Virusisolate, RNA und Antiseren zu generieren und dem Netzwerk zur Verfügung zu stellen, welche für alle nachfolgenden phänotypischen Charakterisierungen unerlässlich sind. Darüber hinaus werden ganze Genomsequenzen zur Verfügung gestellt und es wird eine kontinuierliche Suche nach neuen IAV durchgeführt, z. B. bei Wildvögeln, Schweinen, Geflügelausbrüchen und Spillover-Infektionen bei Säugetieren. Dies geschieht in enger Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Partnern und verwandten Überwachungsprojekten wie "Kappa-Flu". Darüber hinaus werden kritische Daten aus experimentellen Infektionen in einer Reihe von etablierten und optimierten Tiermodellen, einschließlich Nutztieren, gewonnen und in die Risikobewertung integriert. Ausgewählte IAV-Kandidaten werden in Frettchen und Schweinen getestet, und es sind zudem Doppelinfektionen geplant, um Reassortierung und virale Fitness zu untersuchen. Die Experimente werden modernste Analysen wie die Einzelzellsequenzierung umfassen. Es ist seit 2024 bekannt, dass Rinder ein neuer Wirt für hochpathogene Vogelgrippeviren (HPAIV) H5 sind. Das Replikationspotenzial ausgewählter IAV bei Rindern (entweder in der Milchdrüse oder im Respirationstrakt) wird analysiert werden.

Anpassung an humane Ko-Faktoren

Förderkennzeichen: 01KI2508C
Gesamte Fördersumme: 444.500 EUR
Förderzeitraum: 2025 - 2029
Projektleitung: PD Dr. Thorsten Wolff
Adresse: Robert Koch-Institut (RKI)
Nordufer 20
13353 Berlin

Anpassung an humane Ko-Faktoren

Dieses Teilprojekt des FLU-PREP-Verbundes nutzt moderne virologische und zellbiologische Verfahren, um besorgniserregende Influenza-A-Viren (IAV) im Rahmen einer Risikobewertung hinsichtlich der Nutzung zweier kritischer Wirtsfaktoren zu untersuchen, mit deren Hilfe sie die Speziesbarriere überwinden und Infektionsketten im Menschen etablieren könnten. Es wird einerseits untersucht, ob ein Virus durch Bindung an human-typische Sialinsäure-Rezeptoren in menschliche Zellen einzudringen vermag. Zweitens wird die Fähigkeit der viralen Polymerase bestimmt, humane Kernproteine zu rekrutieren, die eine hohe virale Polymeraseaktivität in menschlichen Zellen ermöglichen. Drittens wird in Zusammenarbeit mit dem Verbundpartner Charité die virale Vermehrungsfähigkeit in menschlichen 3D-Modellen und Primärgeweben der oberen und unteren Atemwege bestimmt, um Informationen über den viralen Tropismus und die Aktivierung der angeborenen Immunität zu erhalten. Dieses Teilprojekt soll für FLU-PREP insofern umfassende Einschätzungen über den Anpassungsgrad eines IAV an den Menschen, sowie dessen Potenzial für 1) eine hochgradige Virusausscheidung aus den oberen Atemwegen und 2) die Auslösung schwerer Lungenentzündungen zu ermöglichen.

Humane Infektionsmodelle

Förderkennzeichen: 01KI2508D
Gesamte Fördersumme: 384.985 EUR
Förderzeitraum: 2025 - 2029
Projektleitung: Prof. Dr. Stefan Hippenstiel
Adresse: Charité - Universitätsmedizin Berlin, Fächerverbund für Infektiologie, Pneumologie und Intensivmedizin
Charitéplatz 1
10117 Berlin

Humane Infektionsmodelle

Ob tierische Influenzaviren (IAV) für den Menschen gefährlich werden können, hängt davon ab, ob sie sich so verändern, dass sie menschliche Zellen infizieren und sich dort vermehren können. Dieses Teilprojekt untersucht diese Anpassungsschritte in modernen, humanbasierten Infektionsmodellen. Ziel ist es, frühzeitig zu erkennen, welche neu auftretenden Viren ein Risiko für die menschliche Gesundheit darstellen – bevor es zu größeren Ausbrüchen kommt. Dazu wird analysiert, ob ein Virus typische Eintrittsstellen menschlicher Zellen nutzen kann, ob es für seine Vermehrung notwendige menschliche Zellfaktoren verwendet und wie effizient es sich in verschiedenen Geweben der Atemwege ausbreitet. Verwendet werden dabei unter anderem dreidimensionale Zellkulturen und Gewebeproben, die den menschlichen Atemtrakt nachbilden. Auch das Ausmaß der Gewebeschädigung und der Entzündungsreaktionen wird erfasst. Die Methoden werden in standardisierten Protokollen dokumentiert, ihre Reproduzierbarkeit geprüft und sie werden öffentlich zugänglich gemacht. Damit soll eine verlässliche Grundlage für Behörden, Gesundheitswesen und Forschung entstehen, um das Risiko neuartiger IAV rasch und fundiert einschätzen zu können. Das Projekt leistet damit einen Beitrag zur vorausschauenden Pandemieprävention im Sinne des One-Health-Ansatzes, der Mensch, Tier und Umwelt gemeinsam in den Blick nimmt.

Immun-Signalwege

Förderkennzeichen: 01KI2508E
Gesamte Fördersumme: 511.549 EUR
Förderzeitraum: 2025 - 2029
Projektleitung: Prof. Dr. Stephan Ludwig
Adresse: Universität Münster, Universitätsklinikum Münster, Institut für Virologie
Von-Esmarch-Str. 56
48149 Münster

Immun-Signalwege

Dieses Teilprojekt zielt darauf ab, eine Risikobewertung neu auftretender Influenza-A-Viren (IAV) in drei Bereichen zu leisten: 1) Infektions- und Replikationskapazität im menschlichen Lungengewebe; 2) suppressive Aktivität des NS1-Proteins und 3) Empfindlichkeit gegenüber antiviralen Medikamenten. Primäre humane Lungenmodelle, einschließlich ex vivo-Explantate und differenzierte Lungenorganoide sollen verwendet werden, um die Fähigkeit neu auftretender IAV zu evaluieren, produktive Infektionen in der menschlichen Lunge zu verursachen. Es sollen etablierte Assays zur Bestimmung der Stärke des viralen Immunantagonisten NS1 durchgeführt werden, welcher zur Unterdrückung der Induktion der frühen Typ I Interferon-abhängigen antiviralen Reaktion beiträgt. Zelluläre Marker für die Risikobewertung neu auftretender IAV im Hinblick auf die Aktivierung von Immunsignalwegen sollen weiterentwickelt werden. Zudem soll die Empfindlichkeit neu auftretender IAV gegenüber verfügbaren antiviralen Arzneimitteln bewertet werden und neue Ansätze für synergistische Arzneimittelkombinationen zur Steigerung der antiviralen Aktivität und zur Verhinderung der Entwicklung von Arzneimittelresistenzen sollen auch mit neuen Arzneimitteln in der späten klinischen Entwicklungsphase getestet werden.

Entwicklung von Kommunikationsstrukturen und Interventionsstrategien für den ÖGD

Förderkennzeichen: 01KI2508F
Gesamte Fördersumme: 463.260 EUR
Förderzeitraum: 2025 - 2029
Projektleitung: Dr. Merle Böhmer
Adresse: Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Dienststelle München
Pfarrstr. 3
80538 München

Entwicklung von Kommunikationsstrukturen und Interventionsstrategien für den ÖGD

Ein Ausbruch oder das Risiko der Einschleppung zoonotischer Influenza-A-Viren (IAV) erfordert eine rasche, effiziente und koordinierte Reaktion sowohl des Öffentlichen Gesundheitsdienstes als auch des Veterinärsektors. Um dies zu gewährleisten, ist es unerlässlich, relevante Akteure zu identifizieren und zu vernetzen, effiziente Kommunikationsstrukturen zu schaffen und im Voraus Interventions- und Reaktionsstrategien zu entwickeln. Im Falle eines Ausbruchs oder des Auftretens eines neuartigen zoonotischen IAV ist es von Bedeutung, der interdisziplinären Zusammenarbeit, insbesondere zwischen Human- und Veterinärmedizin, Priorität einzuräumen und somit den One-Health-Ansatz anzuwenden. Dieses Teilprojekt baut direkt auf Erkenntnissen der datengenerierenden FLU-PREP-Teilprojekte auf und setzt diese in praktische Bereitschafts- und Reaktionsmaßnahmen auf Länderebene um. Dabei wird Expertise in das Risk Assessment Board (RAB) eingebracht und es werden relevante Stakeholder, bestehende Kommunikationsstrukturen und Notfallpläne identifiziert sowie der Auf-/Ausbau solcher Strukturen in Bayern als Pilotmodell für andere Bundesländer umgesetzt. Zudem sollen Informationsmaterialien zum Thema zoonotische Influenza entwickelt und geeignete Informationskanäle identifiziert werden. Außerdem sollen Konzepte für die Reaktion auf und Bekämpfung von Ausbrüchen sowie Notfallpläne entwickelt werden. Deren praktische Anwendung soll zumindest im Rahmen einer Simulationsübung erfolgen, wenn keine echten Ausbrüche auftreten. Die in diesem Teilprojekt für Bayern entwickelten Konzepte können als Blaupause für andere Bundesländer dienen. Darüber hinaus können die gewonnenen Erkenntnisse (z. B. zu epidemiologischen Schlüsselparametern) in die Gesamtrisikobewertung des jeweiligen Virusstammes einfließen und anderen Forschungsgruppen, z. B. zur Modellierung der Virusausbreitung, zur Verfügung gestellt werden.