| Juli 2025

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Gebärmutterhalskrebs: Erschwinglicher Impfstoff macht Hoffnung

Im globalen Kampf gegen durch Viren verursachten Gebärmutterhalskrebs könnte eine erschwingliche Einmal-Impfung den Durchbruch bringen. Eine vom BMFTR geförderte Impfstoffstudie bei Mädchen in Ghana und Bangladesch hat dazu beigetragen.

Im globalen Kampf gegen durch Viren verursachten Gebärmutterhalskrebs könnte eine erschwingliche Einmal-Impfung den Durchbruch bringen. Eine vom BMFTR geförderte Impfstoffstudie bei Mädchen in Ghana und Bangladesch hat dazu beigetragen.

Ein Mädchen wird anlässlich der Einführungskampagne 2024 in Bangladesch mit dem HPV-Impfstoff geimpft.

PATH/Maksudur Rahman

Gebärmutterhalskrebs ist eine oft tödliche, aber vermeidbare Krankheit, von der Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen besonders stark betroffen sind. 90 Prozent der jährlich 350.000 Todesfälle durch Gebärmutterhalskrebs auf der Welt ereignen sich dort. Fast alle diese Fälle wurden durch eine Infektion mit bestimmten Typen des Humanen Papillomvirus (HPV) verursacht.

Doch obwohl wirksame Impfstoffe seit dem Jahr 2006 verfügbar sind: Im Vergleich zu anderen Routineimpfungen verlaufen HPV-Impfprogramme besonders in Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen noch schleppend. „Vier von fünf Mädchen unter 15 Jahren werden bisher nicht erreicht“, sagt Dr. med. Anne Schuind von PATH, einer Nichtregierungsorganisation für globale Gesundheit. „Das liegt daran, dass HPV-Impfstoffe im Vergleich zu anderen Vakzinen relativ teuer sind und das Angebot noch begrenzt ist“, so Schuind, die von Washington aus das PATH-Team für HPV-Impfstoffe leitet. Die Kinderärztin betont: „Die HPV-Impfung ist hochwirksam. Alle Mädchen verdienen Zugang zu diesem lebensrettenden Mittel – ganz gleich, wo sie leben.“

Produktentwicklungspartnerschaften

Wichtiger Baustein der Förderstrategie für die globale Gesundheit des Bundesforschungsministeriums ist die Unterstützung von Produktentwicklungspartnerschaften (Product Development Partnerships, PDPs): Partner aus akademischen Instituten, öffentlichen Forschungseinrichtungen, Nichtregierungsorganisationen (NGO) und forschenden Pharma-Unternehmen arbeiten hier zusammen. Deshalb können Produkte wie Arzneimittel, Impfstoffe oder diagnostische Tests neu entwickelt und erprobt werden, für die es keine Marktanreize und damit kein Interesse der Industrie gibt. Die Entwicklungskonzepte berücksichtigen von Beginn an, dass die Produkte zu Preisen angeboten werden, die auch für die Menschen in Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen erschwinglich sind.

Impfstoff eines chinesischen Herstellers

Auf der Suche nach erschwinglicheren Impfstoffoptionen für Länder mit eingeschränkten Ressourcen fiel der Blick der PATH-Fachleute auf den HPV-Impfstoff Cecolin. Das Produkt eines chinesischen Herstellers schützt vor den zwei häufigsten krebsverursachenden HPV-Typen 16 und 18. Noch dazu ist es günstiger als andere HPV-Vakzine. Cecolin erhielt im Jahr 2021 die Präqualifizierung der Weltgesundheitsorganisation WHO. Dieses internationale Qualitätssiegel ermöglicht Ländern mit niedrigen Einkommen den Zugang zu dem geprüften Präparat. Die Zulassungsdaten für den Impfstoff, der Mädchen im Alter von neun bis 14 Jahren in zwei Dosen verabreicht wird, stammten jedoch aus China.

Um das Potenzial von Cecolin in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen zu testen, hat PATH im Rahmen einer Produktentwicklungspartnerschaft eine klinische Studie in Ghana und Bangladesch konzipiert und durchgeführt. In diesen Ländern sind HPV-bedingte Krebserkrankungen sehr häufig – zum Zeitpunkt des Studienbeginns gab es hier noch keine entsprechenden Impfprogramme.

Das Ziel der Studie war es daher, Daten zur Sicherheit und Wirksamkeit von Cecolin in Afrika und Asien zu gewinnen, unterschiedliche Impfschemata zu erproben und gesundheitsökonomische Analysen anzustellen. Die Phase-III/IV-Studie wurde vom Bundesforschungsministerium über die KfW Entwicklungsbank mit 6,4 Millionen Euro unterstützt. Auch andere Förderer, wie die Gates Foundation, finanzierten das Projekt mit.

Dr. med, Anne Schuind

Die Kinderärztin Dr. med. Anne Schuind leitet das PATH-Team für HPV-Impfstoffe. 

Anne Schuind

Starke Immunantwort, flexible Anwendung

Insgesamt wurden in Ghana und Bangladesch mehr als 1.000 Mädchen im Alter von neun bis 14 Jahren geimpft. Studienleiterin Schuind ist stolz, dass es den Beteiligten gelungen ist, viele relevante Fragen zu beantworten. „Cecolin erwies sich als sicher, gut verträglich und hochwirksam, zum Beispiel auch bei Mädchen mit Malaria“, sagt sie.

Der Impfstoff kann zudem sehr flexibel eingesetzt werden: Trotz unterschiedlich langer Impfabstände war die Immunreaktion mit dem etablierten, aber teureren Impfstoff Gardasil eines US-Herstellers vergleichbar. Auch eine Kombination der beiden Impfstoffe und die Gabe einer Einzeldosis zeigte eine gute Immunantwort. Diese Flexibilität könnte künftig dabei helfen, logistische Herausforderungen bei Impfprogrammen zu meistern.

Die Stunde der Einzeldosis-Impfstoffe

Das PATH-Team machte eine weitere wichtige Beobachtung: Eine einzige Spritze Cecolin löste bei den Mädchen über den Studienzeitraum von 24 Monaten hinweg eine vergleichbare Immunantwort wie eine Einzeldosis Gardasil aus. Dass eine einzige Impfdosis Gardasil bereits ausreichend gegen HPV schützt, hatten andere klinische Studien gezeigt.

Auf Einzeldosis-HPV-Impfungen ruhen derzeit große Hoffnungen der Fachleute für globale Gesundheit. Vor drei Jahren hatte die WHO für bestimmte HPV-Impfstoffe die Gabe einer einzigen Dosis empfohlen, um Gebärmutterhalskrebs vorzubeugen. Nur einmal statt mehrmals spritzen – das würde helfen, logistische und finanzielle Hürden zu reduzieren und die Impfquoten weltweit deutlich zu erhöhen.

„Aufbauend auf den Daten unserer Studie hat die WHO Cecolin im Oktober 2024 in die Liste der empfohlenen Einzeldosis-HPV-Impfstoffe aufgenommen“, so Schuind. Länder mit niedrigen und mittleren Einkommen hätten damit eine weitere Option, sich für ein erschwinglicheres und hochwirksames Vakzin zu entscheiden.

Mittlerweile hätten bereits 68 Länder die Einzeldosis-HPV-Strategie eingeführt, so Schuind. Bei der Planung von nationalen Impfprogrammen hilft den Behörden in den Ländern auch ein Produktwahlrechner, den das PATH-Team entwickelt hat. Damit können Fachkräfte im Gesundheitswesen für ihr Land die Kosten von Impfprogrammen mit verschiedenen Präparaten vergleichen. Werkzeuge wie diese und die gewachsene Liste an HPV-Impfstoffen – sie bringen die WHO ihrem ausgelobten Ziel näher, bis 2030 mindestens 90 Prozent aller Mädchen vor dem 15. Lebensjahr zu impfen.

Produktentwicklungspartnerschaft PATH

PATH ist eine weltweit tätige gemeinnützige Gesundheitsorganisation, die sich für gesundheitliche Chancengleichheit einsetzt. Mit mehr als 40 Jahren Erfahrung im Aufbau von Produktentwicklungspartnerschaften und Know-how in den Bereichen Wissenschaft, Wirtschaft, Technologie, Interessenvertretung und vieler weiterer Spezialgebiete entwickelt PATH innovative Lösungen für die drängenden globalen Gesundheitsprobleme und setzt sie um. Die Entwicklung und ein verbesserter Zugang zu Impfstoffen zählen zu einem der Schwerpunkte der Arbeit von PATH.    
Mehr Informationen: www.path.org

Originalpublikation:

Agbenyega, T., Schuind A., et al. (2025). Immunogenicity and safety of an Escherichia coli-produced bivalent human papillomavirus vaccine (Cecolin) in girls aged 9–14 years in Ghana and Bangladesh: a randomised, controlled, open-label, non-inferiority, phase 3 trial. The Lancet Infectious Diseases DOI: 10.1016/S1473-3099(25)00031-3

Ansprechpartnerin:
Dr. med. Anne Schuind
PATH
Center for Vaccine Innovation and Access (CVIA)
455 Massachusetts Avenue NW
Suite 1000
Washington DC 20001
aschuind@path.org