Februar 2025

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Impfen gegen Gebärmutterhalskrebs

Weltweit verursachen Humane Papillomviren (HPV) jede zwanzigste Krebserkrankung, darunter fast alle Fälle von Gebärmutterhalskrebs. Seit 2006 gibt es HPV-Impfstoffe, die laut WHO bis 2050 das Leben von über fünf Millionen Frauen retten können.

Schwarz-Weiß-Aufnahme von Humanen Papillomviren

Krebserregende HPV-Typen können Jahrzehnte nach der Infektion bösartige Veränderungen hervorrufen. Impfen schützt!

DKFZ

Kinder und Jugendliche per Impfung vor bestimmten Tumorerkrankungen im Erwachsenenalter schützen zu können – das ist ein Meilenstein in der Geschichte der Krebsprävention. Geistiger Vater der HPV-Impfung war der Mediziner und Forscher Harald zur Hausen. Schon in den frühen 1980er-Jahren zeigte er, dass Humane Papillomviren (HPV) Gebärmutterhalskrebs verursachen können. Zwischen dieser Erkenntnis und den ersten HPV-Impfstoffen lagen mehr als 20 Jahre hartnäckiger Forschungsarbeit.

Statistik zu Erkrankungs- und Impfzahlen

Weltweit wurden bislang rund 500 Millionen HPV-Impfdosen verabreicht. Entsprechend riesig ist die Datengrundlage wissenschaftlicher Studien zur HPV-Impfung und somit deren Aussagekraft. Die Studien belegen eindrucksvoll: HPV-Impfstoffe wirken zuverlässig und sind gut verträglich. Für seine HPV-Forschung erhielt Harald zur Hausen im Jahr 2008 den Medizin-Nobelpreis.

Forschende schätzen, dass der Einsatz der Impfstoffe in Kombination mit neuen Tests und Behandlungen bis 2050 weltweit über fünf Millionen Leben retten könnte. In vielen Ländern ohne Aufklärungs- und Impfprogramme an Schulen – darunter auch Deutschland – bleiben die Impfquoten jedoch hinter den Erwartungen zurück. Und für flächendeckende Kampagnen in Entwicklungs- und Schwellenländern werden Impfstoffe benötigt, die ohne Kühlung einfach und günstig zu transportieren sind.

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) war und ist weltweit ein Vorreiter der HPV-Forschung. Harald zur Hausen leitete das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) zu 90 Prozent finanzierte DKFZ von 1983 bis 2003. In dieser Zeit hat er nicht nur wegweisende Infrastrukturen für die translationale Krebsforschung etabliert, sondern auch selbst wissenschaftlich gearbeitet – und das in einem für einen Vorstandsvorsitzenden „ungewöhnlichen Ausmaß“, wie er selbst sagte.

Von der Hypothese zur wissenschaftlichen Erkenntnis

Die wissenschaftliche Laufbahn des jungen zur Hausen prägte ein Forschungsaufenthalt in den USA in den Jahren 1966 bis 1969. Am Children’s Hospital der University of Philadelphia lernte er bei Gertrude und Werner Henle sein wissenschaftliches Handwerk und kam erstmals mit dem Thema „Viren und Krebs“ in Kontakt. Anfang der 1960er-Jahre hatten die Henles gezeigt, dass in einigen Regionen Afrikas ein Zusammenhang zwischen dem Epstein-Barr-Virus und einer Krebserkrankung besteht, dem Burkitt-Lymphom. Menschen mit dieser Tumorerkrankung waren auffällig oft auch mit dem Epstein-Barr-Virus infiziert.

Das fesselte zur Hausens Interesse und bestimmte fortan sein wissenschaftliches Denken und Arbeiten. Als Universitätsprofessor für Virologie in Erlangen-Nürnberg und danach in Freiburg festigte sich seine Überzeugung, dass Viren bei der Entstehung von Krebs eine viel größere Rolle spielen, als es der Großteil der Fachwelt damals zu glauben bereit war. Die Tatsache, dass häufig wechselnde Sexualkontakte das Risiko für Gebärmutterhalskrebs erhöhen, war für zur Hausen ein klares Indiz für eine infektiöse Ursache. Doch es fehlten konkrete Anhaltspunkte für mögliche Erreger – bis er Berichte über Genitalwarzen las, die bei Tieren zu Krebs entarten können. Er vermutete, dass Humane Papillomviren – schon lange als Verursacher von Warzen bekannt – auch den Gebärmutterhals befallen und dort Krebs auslösen könnten, und publizierte seine Hypothese im Jahr 1976.

Harald zur Hausen machte sich auf die Suche nach Belegen. Mit dem Elektronenmikroskop fanden er und sein Team HPV in genitalen Warzen, nicht aber in Tumoren. Statt sich entmutigen zu lassen, entwickelten sie einen neuen Ansatz: Wenn sich in den Krebsgeweben keine Viruspartikel nachweisen ließen, sollten sich dort zumindest genetische HPV-Spuren finden lassen. Also isolierten sie das Erbgut der Viren, stellten damit Gensonden her und suchten nach HPV-DNA in Tumoren. Erneut ohne Erfolg. Doch die Forschenden ließen nicht locker. Sie gingen nun davon aus, dass von vielen HPV-Typen die meisten harmlos sind. Und dass die auf der DNA harmloser Viren basierenden Gensonden die DNA der krebsauslösenden Varianten nicht erkennen. Eine langwierige Suche begann. Der Durchbruch gelang erst mit neuen molekularbiologischen Methoden. Mit ihnen zeigten zur Hausen und sein Team, dass es viele genetisch unterschiedliche Papillomviren gibt. Zwischen 1982 und 1983 wiesen sie die DNA der Varianten HPV16 und HPV18 in mehr als 80 Prozent der untersuchten Tumore nach. Somit waren diese Virustypen als Hauptverursacher von Gebärmutterhalskrebs überführt.

In meinem Herzen wollte ich stets immer nur wissenschaftlich arbeiten.

Professor Dr. Harald zur Hausen (1936–2023)

Von der wissenschaftlichen Erkenntnis zum Impfstoff

Das Potenzial seiner Entdeckung erkannte zur Hausen schnell: Wenn Viren Gebärmutterhalskrebs verursachen, dann sollten Impfungen dieser Krebsart vorbeugen können. Doch zunächst scheiterte die Realisierung der Idee daran, dass sich die Viren im Labor nicht vermehren ließen. So war kein Material für die Herstellung von Impfstoffen zu gewinnen. Erneut verhalf eine neue Methode zur Hausen und seinem Team am DKFZ zum Durchbruch. Mithilfe der Gentechnik stellten sie im Labor große Mengen eines Proteins der Viruskapsel her (1991), die keinen Schaden anrichten können. Pharmaunternehmen griffen den Ansatz auf und nutzten das Hüllprotein für die Produktion der ersten HPV-Impfstoffe (2006).

Portrait von Professor Dr. Harald zur Hausen (1936–2023)

Professor Dr. Harald zur Hausen (1936–2023)

DKFZ

Enttäuschende Impfquoten in Deutschland

Kurz nach ihrer Markteinführung empfahl die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut die HPV-Impfung für Mädchen (2007). Doch das reichte zur Hausen nicht. Er kämpfte dafür, beide Geschlechter zu schützen, damit sich Sexualpartner nicht anstecken. Und geimpfte Männer schützen nicht nur ihre Sexualpartnerinnen und -partner vor einer Infektion, sie schützen auch sich selbst vor HPV-bedingten Krankheiten wie beispielsweise Anal- oder Peniskrebs.

Auch diese Überzeugung setzte sich durch. 2018 erweiterte die STIKO ihre Impfempfehlung auf beide Geschlechter. Die Immunisierung soll möglichst früh erfolgen. Gesetzliche und in der Regel auch private Krankenversicherungen übernehmen die Kosten für Kinder und Jugendliche zwischen neun und 14 Jahren – verpasste Impfungen können vor dem 18. Geburtstag nachgeholt werden.

Im internationalen Vergleich sind die Impfquoten in Deutschland enttäuschend. Im Jahr 2021 waren hierzulande nur etwa die Hälfte der Mädchen und weniger als ein Drittel der Jungen im Alter von 15 Jahren vollständig gegen HPV geimpft. „Neben einer kontinuierlichen Aufklärung halte ich Impfprogramme in Schulen für sinnvoll. Das machen uns beispielsweise die Briten und Australier vor, dort erreichen die Impfraten über 80 Prozent“, so zur Hausen.

Die HPV-Impfung wirkt und ist sicher

Wissenschaftliche Studien unter anderem aus Schweden, Dänemark und Großbritannien zeigen, dass die Erkrankungen an Gebärmutterhalskrebs unter den geimpften Frauen drastisch sinken. Gesundheitsbehörden überwachen die Impfverläufe und bescheinigen allen Impfstoffen eine in der Regel gute Verträglichkeit. Schwere Nebenwirkungen treten etwa einmal pro eine Million Impfungen auf. Viel größer sind die Risiken der Nichtimpfung. So erkrankten im Jahr 2020 in Deutschland 258 Frauen von einer Million Einwohnerinnen an Gebärmutterhalskrebs und 65 von einer Million verstarben an der Krankheit.