September 2025

| Newsletter 119

Neuer Wirkstoff hemmt Staphylococcus-aureus-Toxin

Im Kampf gegen gefährliche Krankenhauskeime setzen Forschende des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) auf den Wirkstoffkandidaten H052. Er könnte eine vielversprechende Alternative zur gängigen Antibiotikatherapie darstellen.   

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Jedes Jahr infizieren sich in Deutschland mehrere Hunderttausend Menschen während eines Krankenhausaufenthalts mit gefährlichen Keimen. Allen voran der weitverbreitete Erreger Staphylococcus aureus: Er stellt eine zunehmende Gefährdung für Patientinnen und Patienten dar. Besonders problematisch wird es, wenn dieser Keim Resistenzen gegen gängige Antibiotika entwickelt und deren Wirkung beeinträchtigt oder sogar ganz außer Kraft setzt, wie es bei MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus) der Fall ist.

Invasion einer Wirtszelle durch Staphylokken

Invasion einer Wirtszelle durch Staphylokken

HZI/Manfred Rohde

Solche multiresistenten Erreger erschweren die Behandlung von Infektionen erheblich und erhöhen das Risiko schwerer Krankheitsverläufe. Dieses Risiko ist umso höher und die Folgen sind umso tödlicher, wenn die Bakterien tiefer in den Körper eindringen, beispielsweise in den Blutkreislauf, die Gelenke und Knochen, die Lunge oder das Herz. Umso dringlicher ist daher die Suche nach neuen Wirkstoffen, die auf bislang ungenutzte Wirkmechanismen setzen und somit eine vielversprechende Alternative zur herkömmlichen Antibiotikatherapie bieten.

Schädliche Toxine gezielt neutralisieren

Forschende des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) haben gemeinsam mit internationalen Partnerinnen und Partnern einen neuen Wirkstoff entdeckt, der bei schweren Lungeninfektionen durch S. aureus helfen könnte. Im Gegensatz zu herkömmlichen Antibiotika, die die Bakterien direkt abtöten, zielt dieser neuartige Ansatz darauf ab, ein von den Erregern produziertes Toxin zu blockieren – schädliche Substanzen, die lebenswichtige Zellprozesse stören und oft tödlich sind. Das von S. aureus produzierte Toxin namens α-Hämolysin durchlöchert Lungenzellen und löst schwere Entzündungen aus. Der neue Wirkstoffkandidat, ein kleines Molekül aus der Gruppe der Quinoxalindione, kann das Toxin gezielt unschädlich machen und somit die Krankheit eindämmen, bevor sie lebensgefährlich wird.

Krankenhauskeime

Krankenhauskeime sind Mikroorganismen (Bakterien, Viren und Pilze), mit denen sich Patientinnen und Patienten in Gesundheitseinrichtungen infizieren können. Diese Keime können zu schweren Infektionen führen, bei denen Antibiotika nicht mehr wirken. Zu den häufigsten Erregern gehören Enterokokken, Pseudomonas aeruginosa, Staphylokokken und gramnegative Bakterien. Einige Erreger wie MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus) sind gegen viele Antibiotika resistent.

Professor Dr. Mark Brönstrup

Professor Dr. Mark Brönstrup

HZI/Verena Meier 

„Selbst mit eigentlich wirksamen Antibiotika sind Infektionen mit Staphylococcus aureus oft schwer behandelbar“, erklärt Professor Dr. Mark Brönstrup, Wissenschaftler im Forschungsbereich „Neue Antibiotika“ des DZIF am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig. „Unsere neuartige Strategie greift daher nicht das Bakterium selbst an, sondern neutralisiert gezielt ein von ihm produziertes Toxin. Damit eröffnen wir eine neue therapeutische Perspektive, insbesondere für schwer erkrankte Menschen mit hohem Risiko.“

Wirkstoffkandidat H052 hochwirksam im Tiermodell

Sowohl in Zellkulturen als auch in Tiermodellen erwies sich der Wirkstoffkandidat H052 als hochwirksam bei der Unschädlichmachung des Toxins. Er schützte Lungenzellen und verbesserte die Überlebensrate infizierter Mäuse deutlich – sowohl allein als auch in Kombination mit dem gängigen Antibiotikum Linezolid.

Das Konzept der sogenannten „Pathoblocker“, also Wirkstoffe, die die Virulenzmechanismen von Bakterien hemmen, jedoch nicht die Bakterien selbst, gilt als zukunftsweisend. Da kein Selektionsdruck auf die Bakterien ausgeübt wird, ist das Risiko einer Resistenzentwicklung deutlich geringer.

Die Forschung wurde maßgeblich am HZI in Braunschweig und im Rahmen des DZIF in enger Partnerschaft mit dem Lead Discovery Center (LDC) in Dortmund sowie weiteren nationalen und internationalen Wissenschaftseinrichtungen durchgeführt. Die Arbeiten wurden durch die globale, gemeinnützige Partnerschaft CARB-X (Combating Antibiotic-Resistant Bacteria Biopharmaceutical Accelerator) mit bislang 4,9 Millionen US-Dollar gefördert.

Deutsches Zentrum für Infektionsforschung (DZIF)

Im Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) entwickeln bundesweit mehr als 700 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 35 Institutionen gemeinsam neue Ansätze zur Vorbeugung, Diagnose und Behandlung von Infektionskrankheiten. Das DZIF ist eines der Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung (DZG), die vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) und den Sitzländern zur besseren Bekämpfung wichtiger Volkskrankheiten gefördert werden.
Weitere Informationen: www.dzif.de

Originalpublikation:
Shekhar A., Di Lucrezia R., Jerye, K., et al. (2024). Highly potent quinoxalinediones inhibit α-hemolysin and ameliorate Staphylococcus aureus lung infections. Cell Host Microbe (2025). DOI: 10.1016/j.chom.2025.03.006

Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Prof. Dr. Mark Brönstrup
Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung
Inhoffenstraße 7
38124 Braunschweig
mark.broenstrup@helmholtz-hzi.de

Pressekontakt:
Dr. Nicola Wittekindt
Wissenschaftsredaktion / Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Geschäftsstelle des DZIF e. V.
Inhoffenstraße 7
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Tel.: 0531 6181-1154
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