Juli 2025

| Newsletter 118

LungVis 1.0: Präzisionstherapie für Lungenerkrankungen mit KI-Bildgebung

Forschende des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL) haben eine innovative KI-gestützte Bildgebungsplattform entwickelt, die eine präzise Medikamentenabgabe an erkrankte Lungenbereiche ermöglicht und somit Therapien verbessern kann.

Lungenerkrankungen wie Asthma und Emphysem betreffen oft spezifische Bereiche der Lunge, was eine präzise Wirkstoffabgabe für eine effektive Behandlung unerlässlich macht. Dabei hilft die auf Verfahren der Künstlichen Intelligenz (KI) gestützte Bildgebungsplattform „LungVis 1.0“, die ein internationales Forschungsteam unter der Leitung der DZL-Forschenden Dr. Lin Yang und Dr. Otmar Schmid vom Institute of Lung Health and Immunity (LHI) bei Helmholtz Munich entwickelt hat. Die Technologie soll die Präzisionstherapie bei Lungenerkrankungen vorantreiben, indem sie eine gezielte Abgabe von inhalierbaren Medikamenten an die am stärksten betroffenen Bereiche der Lunge ermöglicht. Ihre Erkenntnisse haben die Forschenden im Fachmagazin Nature Communications veröffentlicht.

Die Bildgebungsplattform LungVis 1.0 deckt auf, wie inhalierte Medikamente und Nanopartikel mit Lungenzellen interagieren

Die Bildgebungsplattform LungVis 1.0 deckt auf, wie inhalierte Medikamente und Nanopartikel mit Lungenzellen interagieren.

Dr. Lin Yang, Helmholtz Munich

Eine präzise Lösung für die Behandlung von Lungenerkrankungen

Weltweit leiden Millionen Menschen an Asthma, chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD), Emphysem und anderen Lungenerkrankungen, die sie in ihrer Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Die direkte Abgabe von Medikamenten an die erkrankten Regionen der Lunge ist für eine erfolgreiche Behandlung der Betroffenen entscheidend. Inhalationstherapien spielen hierbei eine zentrale Rolle, da sie eine schnelle und gezielte Linderung ermöglichen. Doch es bleibt eine Herausforderung, sicherzustellen, dass die Medikamente den vorgesehenen Zielort in der Lunge genau erreichen.

Um diese Hürde zu überwinden, haben die Forschenden LungVis 1.0 entwickelt, eine automatisierte KI-gestützte Bildgebungsplattform, die nicht nur die präklinische Lungenforschung verändern soll, sondern auch die Präzision von Inhalationstherapien verbessern könnte.

Optimierung der Arzneimittelabgabe mit Künstlicher Intelligenz

Im Tiermodell haben die Forschenden dies bereits gezeigt: Inhalierte Medikamente und Zelltypen lassen sich mittels LungVis 1.0 mit hoher Präzision in der komplexen Architektur der Mauslunge abbilden. Durch den Einsatz von KI kann die Plattform die Ablagerung von Medikamenten in den Bronchien, Alveolen oder erkrankten Regionen lokalisieren und erlaubt so wertvolle Einblicke in die Wechselwirkungen zwischen Inhalationstherapien und Lungengewebe.

„Die Kombination aus fortschrittlicher Bildgebungstechnologie und Künstlicher Intelligenz ist der Schlüssel für die präzise Kartierung der Dosis und des Ortes inhalierter Medikamente in der gesamten Lunge. Dies geschieht mit hoher Auflösung und in einer beispiellos kurzen Bildverarbeitungszeit“, erklärt Yang, Erstautor der Studie. „LungVis 1.0 ermöglicht eine 3D-morphometrische Beurteilung der Lungengesundheit, des Krankheitsverlaufs und der therapeutischen Wirksamkeit innovativer Behandlungen wie mRNA-Lipid-Nanopartikel.“

Dabei dienen winzige, fettbasierte Partikel als Trägersystem für Messenger-RNA (mRNA), die in den Zellen gezielt therapeutische Proteine produziert. Geschützt durch die Lipidhülle können sie effizient in Lungenzellen aufgenommen werden, wo sie beispielsweise zur Behandlung von Atemwegserkrankungen oder zur Entwicklung innovativer Impfstoffe genutzt werden. In Kombination mit präzisen Bildgebungstechnologien wie LungVis 1.0 könnten sich ihr Transportweg und ihre Wirkung im Lungengewebe detaillierter untersuchen lassen.

Neue Einblicke in die Lungenbiologie

Neben einer präziseren Abgabe von Arzneimitteln erlaubt LungVis 1.0 tiefere Einblicke in die Biologie der Lunge. Besonders bemerkenswert ist, dass die Plattform die Wechselwirkung von inhalierten Medikamenten und Nanopartikeln mit Lungenzellen aufdeckt, was einen wichtigen Fortschritt in der Nanomedizin und der therapeutischen Entwicklung darstellt.

Das Forschungsteam entdeckte, dass Makrophagen – Zellen, die tief im Lungengewebe angesiedelt sind – eine bisher unterschätzte Rolle bei der Aufrechterhaltung gesunder Lungenbedingungen spielen. Insbesondere die sogenannten interstitiellen Makrophagen sind nach der Exposition gegenüber Nanopartikeln aktiver an der Gesunderhaltung der Lunge beteiligt als bislang angenommen.

„Mit unserer Technologie lassen sich inhalierte Medikamente genau dorthin bringen, wo sie am meisten benötigt werden“, sagt Schmid, Letztautor der Studie. „Außerdem vertieft sie unser Verständnis der Lungenbiologie und zeigt, wie wichtig die Rolle interstitieller Makrophagen bei der Lungenpflege nach der Exposition gegenüber Nanopartikeln ist.“

Die Entwicklung von LungVis 1.0 stellt einen bedeutenden Schritt in der präklinischen Forschung und der Entwicklung gezielter Inhalationstherapien dar. Mit der Kombination aus fortschrittlicher Bildgebung und KI bietet die Plattform eine vielversprechende Perspektive für die Behandlung von Lungenerkrankungen und könnte in Zukunft dazu beitragen, Therapien gezielter und effektiver zu gestalten.

Deutsches Zentrum für Lungenforschung (DZL)

Das Deutsche Zentrum für Lungenforschung (DZL e. V.) ist ein vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) und von den Sitzländern geförderter Zusammenschluss aus 28 führenden universitären und außeruniversitären Einrichtungen, die sich der Erforschung von Atemwegserkrankungen widmen. Im DZL wird die grundlagen-, krankheits- und patientenorientierte Forschung auf dem Gebiet der Lungenerkrankungen koordiniert und auf internationalem Spitzenniveau durchgeführt, um so die Translation grundlagenwissenschaftlicher Erkenntnisse in neue klinische Konzepte zur Verbesserung der Patientenversorgung zu beschleunigen.
Mehr Informationen: www.dzl.de

Originalpublikation:
Yang, L., Liu, Q., Kumar, P., et al. (2024). LungVis 1.0: an automatic AI-powered 3D imaging ecosystem unveils spatial profiling of nanoparticle delivery and acinar migration of lung macrophages. Nat Commun. 2024; 15: 10138. DOI: 10.1038/s41467-024-54267-1

Ansprechpartner:
Dr. Otmar Schmid
Institute of Lung Health and Immunity (LHI)
Helmholtz Munich
Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt (GmbH)
Ingolstädter Landstraße 1
85764 Neuherberg
Tel.: 089 3187-2557
otmar.schmid@helmholtz-munich.de

Pressekontakt:
Rogin Honar
Deutsches Zentrum für Lungenforschung e. V. (DZL)
Tel.: 0641 99-46721
contact@dzl.de