Eine schnelle Diagnose kann Leben retten, insbesondere bei Infektionskrankheiten. Ein mobiles Labor ermöglicht die Auswertung von Proben in entlegenen Regionen der Welt – das spart Zeit und schützt die sensiblen Proben vor widrigen Witterungsbedingungen.
Der Koffer enthält ein kleines, voll funktionsfähiges Labor.
Dr. Ahmed Abd El Wahed
Ein Koffer ist fürs Reisen bestimmt. Das gilt auch für den Koffer, der an der Universität Leipzig entwickelt wurde. Er transportiert allerdings keine Reiseutensilien und verweilt auch nicht in beliebten Urlaubsregionen. Vielmehr schützt er ein kleines, voll funktionsfähiges Labor auf dem Weg in ländliche Regionen Afrikas, in denen die Gefahr besteht, dass sich Infektionskrankheiten ausbreiten.
RHISSA – Forschungsnetzwerke für Gesundheitsinnovationen in Subsahara-Afrika
Das Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) fördert seit 2016 mit insgesamt rund 106 Millionen Euro afrikanisch-deutsche Forschungsnetzwerke, die neben exzellenter Forschung zum Auf- und Ausbau von Forschungskapazitäten, zur Vernetzung afrikanischer und deutscher Partner auf Augenhöhe sowie zu einer schnellen Überführung von Forschungsergebnissen in die Anwendung in Subsahara-Afrika beitragen. Aktuell sechs Netzwerke widmen sich hierbei unter anderem dem Ausbau wissenschaftlicher Kapazitäten zur Prävention von Antibiotikaresistenzen (AMR) unter Einbeziehung eines One-Health-Ansatzes, der Forschung zu Tuberkulose und Sepsis sowie zu vernachlässigten Erkrankungen.
„Ein Labor in einem Koffer einzurichten, klingt einfacher als es ist. Mehr als 100 Personen haben über einen Zeitraum von rund zehn Jahren daran gearbeitet. Angetrieben von dem Ziel, Menschen auch in entlegenen Regionen der Welt so früh wie möglich auf Krankheitserreger testen zu können – und damit in vielen Fällen ihr Leben zu retten“, erläutert Dr. Ahmed Abd El Wahed. Der Veterinärmediziner von der Universität Leipzig ist Teil des African One Health Network for Disease Prevention (ADAPT), eines der durch das Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) geförderten Forschungsnetzwerke für Gesundheitsinnovationen in Subsahara-Afrika (RHISSA).
Das von ihm und seinem Team entwickelte mobile Labor umfasst neben Utensilien zur Probenentnahme auch Geräte und Reagenzien, mit denen eine molekulare Diagnostik direkt im Koffer durchgeführt werden kann. Den für diese Analysen benötigten Strom liefert ein integriertes Solarpanel, das über einen Energiespeicher verfügt. Entscheidend für den Erfolg war es zudem, einen Weg zu finden, dass alle notwendigen Schritte bei Raumtemperatur durchgeführt werden können und die Reagenzien nicht gekühlt werden müssen.
Mit dem Kofferlabor können in ländlichen Regionen Afrikas schnell und zuverlässig Krankheitserreger untersucht werden.
Dr. Ahmed Abd El Wahed
„Im Falle einer sich ausbreitenden Infektionswelle können wir jetzt das Kofferlabor an den Ort des Geschehens schicken und vor Ort so viele Proben nehmen und auswerten, wie wir benötigen. Das ist enormer Zeitgewinn, denn zuvor mussten die Proben zunächst in teilweise weit entfernte Labore verschickt werden, um eine zuverlässige Diagnose zu erhalten“, so Abd El Wahed.
One-Health-Ansatz: den Erregern auf der Spur
Im Fokus der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler stehen zum einen Krankheitserreger, die vernachlässigte Tropenkrankheiten auslösen können, etwa die Afrikanische Schlafkrankheit, Leishmaniose oder Tollwut. Zum anderen richten sie im Netzwerk ADAPT ihren Blick auf die Diagnostik antimikrobieller Resistenzen (AMR). Diese entstehen, wenn Bakterien, Viren, Pilze oder Parasiten nicht mehr auf antimikrobielle Wirkstoffe ansprechen. Dem One-Health-Ansatz folgend, nehmen sie hierfür Proben von Nutz- und Wildtieren, Menschen und aus der Umwelt – etwa Boden- oder Wasserproben – und analysieren diese in der Hoffnung, unbekannte Infektionswege und Gefahrenquellen zu entdecken. So konnten sie beispielsweise in Schweinen und Legehennen aus Nigeria Bakterien nachweisen, die gegen eine hohe Zahl von Wirkstoffen resistent waren.
Für seine Forschung zu armutsbedingten Krankheiten und sein Engagement im globalen Gesundheitswesen wurde Abd El Wahed im Sommer dieses Jahres mit dem Scientific Leadership Prize der European and Developing Countries Clinical Trials Partnership (EDCTP) ausgezeichnet. EDCTP ist eine ebenfalls durch das BMFTR unterstützte Europäische Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und der EDCTP Association, der über 40 europäische und afrikanische Länder angehören. Sie widmet sich seit 2003 unter anderem der Bekämpfung armutsassoziierter, vernachlässigter Infektionskrankheiten in Subsahara-Afrika.
Was ist One Health?
One Health ist ein kollektiver, vereinender Ansatz, der darauf abzielt, die Gesundheit von Menschen, Tieren und Ökosystemen nachhaltig ins Gleichgewicht zu bringen und zu optimieren. Er erkennt an, dass die Gesundheit von Menschen, Haus- und Wildtieren, Pflanzen und der weiteren Umwelt (einschließlich der Ökosysteme) eng miteinander verbunden und voneinander abhängig ist.
Weitere Informationen: Definition des One Health High Level Expert Panel (OHHLEP)
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Dr. Ahmed Abd El Wahed
Institut für Tierhygiene und Öffentliches Veterinärwesen
Veterinärmedizinische Fakultät
Universität Leipzig
An den Tierkliniken 43
04103 Leipzig
ahmed.abd_el_wahed@uni-leipzig.de