November 2025

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Datenanalyse zeigt: „Abnehmspritzen“ senken Risiko für Herzschwäche

Eine umfangreiche Analyse von Versorgungsdaten macht deutlich: Die als „Abnehmspritze“ bekannten Medikamente könnten das Risiko für den schweren Verlauf einer Herzschwäche um mehr als 40 Prozent senken.

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Die Herzschwäche mit erhaltener Pumpfunktion (HFpEF) betrifft Millionen Patientinnen und Patienten. Obwohl das Herz normal pumpt, kann es sich nicht ausreichend füllen. Die Folgen sind Atemnot, Müdigkeit und häufige Krankenhausaufenthalte. Besonders Menschen mit Übergewicht oder Diabetes sind gefährdet. Für diese Form der Erkrankung gibt es bislang nur wenige wirksame Therapien.

Medikamente mit Potenzial fürs Herz

Die Wirkstoffe Semaglutid (Handelsname Ozempic und Wegovy) und Tirzepatid (Handelsname Mounjaro), im Alltag oft als „Abnehmspritzen“ bezeichnet, gehören zu einer neuen Generation von Medikamenten, die den Blutzuckerspiegel regulieren und das Körpergewicht senken. Frühere Untersuchungen deuteten bereits auf positive Nebeneffekte hin. Nun zeigt sich, dass die Wirkstoffe möglicherweise auch das Herz schützen können.

Mehrere Abnehmspritzen und ein Maßband

Die als „Abnehmspritze” bekannten Wirkstoffe Semaglutid und Tirzepatid regulieren nicht nur den Blutzuckerspiegel und senken das Körpergewicht. Möglicherweise schützen sie auch das Herz.

Shutterly / Adobe Stock 

Forschende der Technischen Universität München, des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) und der Harvard Medical School nutzten drei große US-Versicherungsdatenbanken. In die Analyse gingen die Daten von rund 100.000 Patientinnen und Patienten mit HFpEF und gleichzeitigem Übergewicht oder Diabetes ein. Verglichen wurde der Einsatz von Semaglutid oder Tirzepatid mit einem etablierten Diabetes-Medikament, das in früheren Studien keinen Einfluss auf eine Herzschwäche gezeigt hatte.

Die Analyse ergab ein klares Bild: Unter Semaglutid oder Tirzepatid war das Risiko, wegen Herzschwäche ins Krankenhaus eingeliefert zu werden oder daran zu versterben, um mehr als 40 Prozent geringer. Damit geht der Nutzen weit über die bekannten Effekte auf Gewicht und Blutzucker hinaus.

Warum Real-World-Daten wertvoll sind

Ein besonderer Wert dieser Untersuchung liegt in der Nutzung sogenannter Real-World-Daten. Diese Daten stammen aus der alltäglichen medizinischen Versorgung und spiegeln damit ein breites Patientenspektrum wider – von jungen bis alten Menschen, mit unterschiedlichen Vorerkrankungen und Behandlungsumständen. Solche Datenbanken erlauben es, Wirkungen und Risiken in einer Größenordnung sichtbar zu machen, die klassische klinische Studien mit einigen Tausend Teilnehmenden nicht erreichen. Außerdem lassen sich die Ergebnisse besser auf die Versorgung im Alltag übertragen.

„In unseren Datenbanken konnten wir zeigen, dass die Anwendung von Semaglutid oder Tirzepatid mit einem deutlich geringeren Risiko für Klinikeinweisungen und Tod aufgrund von Herzschwäche verbunden ist“, sagt Studienleiter Dr. Nils Krüger von der Technischen Universität München.

Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK)

Im Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung, kurz DZHK, bündeln 28 universitäre und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen an sieben Standorten in ganz Deutschland ihre Kräfte, indem sie eine gemeinsame Forschungsstrategie verfolgen. Das vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) und den Sitzländern geförderte DZHK bietet ihnen den Rahmen, um Forschungsideen gemeinsam, besser und schneller als bisher umsetzen zu können. Wichtigstes Ziel des DZHK ist es, neue Forschungsergebnisse möglichst schnell für alle Patientinnen und Patienten verfügbar zu machen und Therapien sowie die Diagnostik und Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu verbessern.
Weitere Informationen: Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung e.V.

Was bedeuten die Ergebnisse für die Praxis?

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass moderne Adipositas-Medikamente künftig auch in der Behandlung der Herzschwäche eingesetzt werden könnten, bei der es bislang nur wenige Optionen gibt. Gleichzeitig zeigt die Analyse, wie wertvoll die Nutzung großer Versorgungsdaten ist, um mögliche neue Therapieansätze schneller zu identifizieren. In Deutschland könnten durch das Gesundheitsdatennutzungsgesetz ähnliche Studien ermöglicht werden. Es erlaubt, anonymisierte Krankenkassendaten unter strengen Vorgaben für Forschungszwecke zu nutzen.

Die Untersuchung ist eine Beobachtungsstudie. Sie kann Zusammenhänge aufzeigen, aber keine endgültigen Beweise liefern. Um die Wirkung der Medikamente bei Herzschwäche sicher zu belegen, sind kontrollierte klinische Studien erforderlich. Sie sollen klären, welche Patientengruppen am meisten profitieren und wie die Präparate am besten eingesetzt werden.

Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Dr. Nils Krüger
Technische Universität München
Lazarettstraße 36
80636 München
TUM Klinikum Deutsches Herzzentrum
nils.kruger@tum.de

Pressekontakt:
Christine Vollgraf
Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK)
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