September 2025

| Newsletter 119

5 Fragen an Dr. Franz Kohlhuber

Seit Dezember 2024 führt Dr. Franz Kohlhuber die Deutsche Krebshilfe: Mit klarer Vision, gezielten Initiativen und dem Blick auf Prävention, Forschung und Gesundheitskompetenz setzt er sich für eine patientennahe und zukunftsorientierte Onkologie ein.

Dr. Franz Kohlhuber

Dr. Franz Kohlhuber, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krebshilfe.

Deutsche Krebshilfe/Regina Brodehser

Seit Dezember 2024 stehen Sie an der Spitze der Deutschen Krebshilfe. Welche Themen sind Sie zuerst angegangen und was steht als Nächstes auf Ihrer Agenda?

Nach dem Amtswechsel in unserem Vorstand musste sich die Deutsche Krebshilfe nicht neu erfinden. Ich gehörte ja bereits zehn Jahre dem Vorstand an. Wir sind derzeit mit zahlreichen wichtigen Initiativen und Förderprogrammen auf vielen Gebieten der Onkologie unterwegs, die zunächst alle auch abgearbeitet werden müssen. Eine große Stärke der Deutschen Krebshilfe war es schon immer – und das ist mir wichtig –, Defizite in der Onkologie zu erkennen und diese mit gezielten Maßnahmen im Sinne der Betroffenen anzugehen.

 „Alles was hilft“ – ein starkes Motto zum 50-jährigen Jubiläum der Krebshilfe. Hierzu gehören insbesondere auch geprüfte Informationen für Betroffene. Wie wollen Sie die Gesundheitskompetenz in der Breite weiter stärken?

Betroffene, Angehörige und Ratsuchende über Krebs zu informieren, ist seit über 50 Jahren ein zentrales Anliegen der Deutschen Krebshilfe. Zudem ermutigt die Deutsche Krebshilfe die Bevölkerung zu einer gesunden Lebensweise. Eine wichtige Anlaufstelle hierfür ist unser Informations- und Beratungsdienst INFONETZ KREBS. In unseren sogenannten „Blauen Ratgebern“ finden Betroffene Informationen zu Diagnostik, Therapie und Nachsorge einzelner Krebsarten, aber auch zu übergeordneten Themen wie Ernährung, Schmerzen oder Sozialleistungen. Auch auf dem Gebiet der Prävention sind wir mit gezielten Materialien, Projekten und Initiativen unterwegs. Gemeinsam mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum sind wir allerdings auch fest davon überzeugt, dass wir hier letztendlich eine langfristige politische Krebspräventionsstrategie für Deutschland brauchen, um das große Potenzial der Prävention für die Krebsbekämpfung abzurufen.

In den 50 Jahren ihres Bestehens hat sich enorm viel verändert. Der Trend geht weg von einer Einheitsbehandlung hin zu individualisierten Therapien. Was bedeutet das aus Ihrer Sicht für die Rolle der Betroffenen – und wie verändert das auch die Arbeit der Deutschen Krebshilfe?

Mit ihrem Programm zur Initiierung und Förderung von Comprehensive Cancer Centers (CCCs) in Deutschland hat die Deutsche Krebshilfe von Anfang an das Ziel verfolgt, die Krebsmedizin und -forschung stetig weiterzuentwickeln und die Patientenversorgung bundesweit auf das höchstmögliche Niveau zu bringen – hierzu gehört auch die Entwicklung individualisierter Therapiestrategien. Innovationen aus den CCCs oder den durch das Bundesforschungsministerium geförderten Standorten des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen in die Fläche zu bringen und auch aus anderen Kliniken und Krankenhäusern, in denen Tumorpatientinnen und -patienten versorgt werden, rasch zugänglich zu machen, ist aber kein einfaches Unterfangen und ein Entwicklungsprozess, der gegenwärtig noch nicht abgeschlossen ist. Wichtig hierfür wäre, dass Betroffene bundesweit ausschließlich in ausgewiesenen und zertifizierten Krebszentren / Onkologischen Netzwerken versorgt werden. Dazu gehören auch niedergelassene onkologische Schwerpunktpraxen.

Die Nationale Dekade gegen Krebs wurde ins Leben gerufen, um insbesondere die Forschung gemeinsam zu stärken. Seit Kurzem sind Sie Teil des Strategiekreises der Dekade gegen Krebs. Was macht diese Initiative aus Ihrer Sicht so entscheidend für den Kampf gegen Krebs?

Die Deutsche Krebshilfe ist seit vielen Jahren der bedeutendste private Förderer der Krebsforschung in Deutschland. So haben wir allein im Jahr 2024 rund 61 Millionen Euro für neue Forschungsprojekte und -programme zur Verfügung gestellt. Die Krebsforschung war immer schon ein Kernanliegen der Deutschen Krebshilfe. Mit der Nationalen Dekade gegen Krebs wurde daher aus unserem Blickwinkel ein wichtiges politisches Zeichen gesetzt für den hohen Stellenwert der Krebsforschung bei der Bekämpfung von Krebserkrankungen. Die Dekade ist aber auch eine wichtige Plattform für den Dialog mit verschiedenen Partnern, auch auf politischer Ebene. Hier kommen unterschiedliche Akteure aus dem Forschungs- und Gesundheitsbereich zusammen und bringen ihre jeweilige Expertise ein, um die zahlreichen Themenfelder der Onkologie zu diskutieren, Defizite aufzudecken, Impulse zu geben und gegebenenfalls Maßnahmen zu ergreifen, um weitere Fortschritte in der Onkologie zu erzielen.

Risikoadaptierte Krebsfrüherkennung ist ein gemeinsamer Förderschwerpunkt in der Nationalen Dekade gegen Krebs; das BMFTR und die Deutsche Krebshilfe treiben die Forschung in diesem Bereich gemeinsam voran. Was macht diesen Ansatz so vielversprechend und wo sehen Sie noch Potenziale?

40 Prozent der Krebserkrankungen könnten heute durch eine gesunde Lebensweise vermieden werden. Nimmt man noch die Krebsfrüherkennung hinzu, so haben diese beiden Maßnahmen das Potenzial, 60 Prozent der Krebstodesfälle zu verhindern. Das ist eine beeindruckende Zahl. Um die Früherkennung noch effizienter zu machen, müssen neben Alter und Geschlecht auch individuelle Risikofaktoren mit einbezogen werden, zum Beispiel Lebensstil, genetische Veranlagung, gegebenenfalls Vorerkrankungen. Unsere Vision ist, dass künftig Ärztinnen und Ärzte ihren

X gegen Krebs

Patientinnen und Patienten einen speziell auf sie zugeschnittenen Plan zur Früherkennung anbieten können. Die Krebsfrüherkennung soll also ähnlich individuell personalisiert werden, wie es Krebstherapien heute teilweise schon sind. Der gemeinsame Förderschwerpunkt von BMFTR und Deutscher Krebshilfe soll hierfür wichtige Erkenntnisse liefern. Ich finde es großartig, dass es uns gelungen ist, für dieses wichtige Forschungsfeld die Kräfte zu bündeln und eine abgestimmte gemeinsame Forschungsinitiative auf den Weg zu bringen. Die Präventionsforschung muss allerdings insgesamt in unserem Land einen noch viel höheren Stellenwert erhalten als bisher – schon vor dem Hintergrund des großen Potenzials, das die Prävention für die Krebsbekämpfung hat.

Ansprechpartnerin:
Alexia Parsons
Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR)
Kapelle-Ufer 1
10117 Berlin
alexia.parsons@bmftr.bund.de
www.dekade-gegen-krebs.de