Wiederkehrende Atemaussetzer bringen viele Menschen um einen erholsamen Schlaf. Unbehandelt können sie zudem schwerwiegende Erkrankungen auslösen. In der Medizininformatik-Initiative entwickelte IT-Lösungen sollen Diagnostik und Therapie verbessern.

Viele Menschen in Deutschland leiden unter nächtlichen Atemaussetzern – besondere Schlafmasken können helfen, doch braucht es viele weitere Informationen, um die Erkrankung besser zu verstehen und individuell maßgeschneidert behandeln zu können.
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Oft unbemerkte, aber wiederkehrende kurze Atempausen während des Schlafs können gefährlich werden: Wer darunter leidet, hat ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Depressionen oder gar Demenz. Treten solche Atemaussetzer mehr als fünfmal in der Stunde auf und gehen diese z. B. mit Tagesschläfrigkeit oder Bluthochdruck einher, wird in der Medizin von einer obstruktiven Schlafapnoe (OSA) gesprochen, einer chronischen und behandlungsbedürftigen Erkrankung.
Allein in Deutschland sind etwa 26 Millionen Menschen von Apnoen betroffen, die nicht in allen Fällen behandlungsbedürftig sind, allerdings oft unerkannt bleiben oder nur spät diagnostiziert werden. Ihnen wollen Forschende im Verbundprojekt Somnolink der Medizininformatik-Initiative (MII) helfen und die Diagnostik und Therapie der Erkrankung mit auf Künstliche Intelligenz gestützten Datenanalysen verbessern – und Spätfolgen der OSA so rechtzeitig vorbeugen.
Unter einer obstruktiven Schlafapnoe (OSA) versteht man einen teilweisen oder vollständigen Verschluss der oberen Atemwege: Während des Schlafs verengt sich der Rachenraum, die Atmung wird erschwert oder setzt kurzzeitig sogar vollkommen aus. Solche wiederkehrenden Atemaussetzer führen dazu, dass der gesamte Körper zu wenig Sauerstoff erhält und das Atemzentrum im Gehirn einen lebensrettenden Weckreiz auslöst. Oft wachen die Betroffenen mehrmals in der Nacht auf, sodass die erholsamen Schlafphasen empfindlich gestört werden. Verhindern lassen sich die gefährlichen Atempausen mit einer Maske, die die Atemwege während des Schlafs durch leichten Überdruck offenhält.
Datenanalyse verrät mehr zu Ursachen und Risiken der Erkrankung
„Um die Erkrankung und ihre Ursache besser zu verstehen, analysieren wir Gesundheitsdaten, die routinemäßig bei Krankenhausaufenthalten anfallen“, erklärt Dagmar Krefting, Professorin an der Universitätsmedizin Göttingen und Projektkoordinatorin bei Somnolink. Klinische Behandlungsdaten wie zum Beispiel Blutdruck, Herzfrequenz oder Sauerstoffsättigung des Blutes können auf eine behandlungsbedürftige Schlafapnoe und die damit verbundenen Risiken hinweisen. „Eine verbesserte Diagnostik könnte vor allem Patientinnen helfen, denn öfter als männliche Betroffene leiden sie unter morgendlichen Kopfschmerzen oder Depressionen – Symptomen und Folgeerkrankungen, deren Zusammenhang mit nächtlichen Atemaussetzern oft übersehen wird“, so Prof. Krefting.
Enges Miteinander ermöglicht maßgeschneiderte Therapie
Für eine bestmögliche Therapie der Erkrankung braucht es das Engagement vieler Beteiligter. Wichtig ist, dass alle beteiligten Ärztinnen und Ärzte ihre Informationen teilen und gemeinsam auswerten: beispielsweise Daten aus dem Krankenhaus, Atemmessungen im häuslichen Schlafumfeld sowie Ergebnisse aus dem Schlaflabor. Ebenso wichtig sind Einschätzungen der Betroffenen zur Erholsamkeit ihres Schlafes und zu ihrer Lebensqualität. Erst die Analyse all dieser Informationen ergibt ein Gesamtbild der Erkrankung, das es den Beteiligten ermöglicht, die Behandlung individuell auszurichten.
Bei Somnolink arbeiten Schlafmedizinerinnen und -mediziner sowie Medizininformatikerinnen und -informatiker gemeinsam an Analyseverfahren und IT-Lösungen, die sich auf Künstliche Intelligenz stützen. Auch Patientinnen und Patienten können über Forschungsfragen mitentscheiden, sich in die Planung von Studien einbringen und deren Ergebnisse gemeinsam mit den Forschenden bewerten. Verbundpartner sind die Universitätskliniken in Göttingen, Essen, Regensburg, Mannheim und Dresden, die Berliner Charité sowie die Gesellschaft für Wissenschaftliche Datenverarbeitung in Göttingen und das Evangelische Krankhaus Göttingen-Weende.
Die Medizininformatik-Initiative (MII) wird seit 2016 mit mehr als 480 Millionen Euro durch das Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) gefördert; in Verbundprojekten wie Somnolink, den sogenannten Use-Cases, werden IT-Lösungen für konkrete Anwendungen in Forschung und Versorgung entwickelt. Diese Anwendungsfälle zeigen den Mehrwert der Medizininformatik für Patientinnen und Patienten in der Praxis auf.