Im nordöstlichsten Zipfel Deutschlands startete vor mehr als 15 Jahren eine ganz besondere Studie: die SHIP-Studie. Über 8.700 Personen aus Vorpommern werden seitdem regelmäßig medizinisch untersucht und zu ihrer Lebenssituation befragt. Die Ergebnisse tragen heute und zukünftig wesentlich dazu bei, den Zusammenhang zwischen Risikofaktoren und Krankheiten zu verstehen und Krankheitsverläufe individuell besser einschätzen zu können. (Newsletter 63 / August 2013)
Um den Zusammenhang zwischen Risikofaktoren und Krankheiten besser zu verstehen, werden in der SHIP-Studie mehr als 8.700 Frauen und Männer untersucht.Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der SHIP-Studie aus Vorpommern ahnen jetzt schon, was für einen Arbeitsaufwand solch eine Studie bedeutet. Denn in Greifswald archivieren und analysieren sie tagtäglich Abertausende Daten. Daten, die seit 1997 von rund 8.700 Frauen und Männern für die SHIP-Studie erhoben werden. Es ist wahrlich ein Mammutprojekt, denn neben Ergebnissen aus Blut, Urin und Speichelproben gehören weitere Befunde aus umfassenden körperlichen Untersuchungen dazu, aber auch Daten zu den Lebensumständen und dem psychischen Befinden. Der Greifswalder Datenschatz erreicht inzwischen eine Speicherkapazität von 25 Terabyte, das entspricht mehr als 40.000 CD-ROMs. „All das ist eine großartige Gemeinschaftsarbeit aller beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und wird nur ermöglicht, weil Tausende Menschen freiwillig teilnehmen“, bedankt sich Professor Dr. Henry Völzke, der die SHIP-Studie an der Universitätsmedizin Greifswald leitet. Die Ergebnisse sind teils eindeutig und ernüchternd. Klar ist etwa: Die Menschen im Nordosten Deutschlands werden, wie in anderen Regionen auch, immer dicker. Andererseits gibt es auch sehr unerwartete und spannende Erkenntnisse.
Wie wir auf Kaffee reagieren, liegt in unseren Genen.Ein Beispiel. 150 Liter Kaffee trinkt jeder deutsche Bundesbürger im Durchschnitt pro Jahr. Das übertrifft sogar den durchschnittlichen deutschen Bierkonsum. Die Substanz Koffein ist dabei der Muntermacher, den viele zum Aufwachen oder Arbeiten brauchen. Doch während einige Menschen auch nach einem doppelten Espresso ungestört einschlafen, befürchten andere schon eine unruhige Nacht bei nur einer Tasse Kaffee nach dem Mittagessen. 
Die SHIP-Studie ist eine Gesundheitsstudie. In voller Länge heißt sie: Study of Health in Pomerania. Sie fokussiert nicht wie andere große epidemiologische Studien auf eine bestimmte Krankheit, sondern untersucht das Thema Mensch und Gesundheit in seiner ganzen Vielschichtigkeit. Denn die Gesundheit eines Menschen wird von vielen Einflussfaktoren in einer sehr komplexen Art und Weise beeinflusst. Zu diesen Einflussfaktoren gehören soziale und berufliche Lebensumstände genauso wie gesundheitsbeeinträchtigende Verhaltensweisen und auch eine Vielfalt von psychischen und körperlichen Funktionsstörungen und Erkrankungen. Darum werden bei der SHIP-Studie nicht nur Blut, Urin und Speichelproben genommen und für spätere Untersuchungen archiviert. Es werden auch die Lebensumstände und das psychische Befinden in entsprechenden Fragebögen ermittelt und umfangreiche medizinische Daten gesammelt. Die erste SHIP-Studie läuft seit 1997. Seitdem wird sie auch vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden in regelmäßigen Abständen untersucht. So lief zwischen 2002 und 2006 die erste Nachbeobachtung – fünf Jahre nach dem Start. Zwischen 2008 und 2012, also elf Jahre nach dem Start, wurden die Probanden erneut, also ein drittes Mal, untersucht. Im gleichen Zeitraum wurde eine zweite Kohorte, SHIP-Trend, etabliert. Bis heute tragen die Ergebnisse fortwährend dazu bei, den Zusammenhang zwischen Risikofaktoren und Krankheiten besser zu verstehen. Der Forschungsverbund Community Medicine der Universitätsmedizin Greifswald erhofft sich Erkenntnisse darüber, wie sich einzelne, klinisch nicht auffällige Befunde individuell entwickelt haben und welche Faktoren bestimmen, ab wann ein sogenannter subklinischer Befund zur Krankheit führt.
SHIP ist mittlerweile auch eine der führenden Studien im Bereich der Schilddrüsenepidemiologie. Darüber hinaus ist SHIP eine der ersten Studien gewesen, die die Fettleber nicht nur auf Laborparameter basierend definiert hat, sondern auch den Ultraschall in einer Bevölkerungsstudie einsetzte. „Mittlerweile liegen dazu sogar weltweit einzigartige MRT-Daten vor, ein Datenschatz, der vielfältige wissenschaftliche Analysen ermöglicht“, so Völzke.
Derzeit erscheint durchschnittlich zweimal pro Woche eine auf SHIP-Daten beruhende Publikation. „Wir hätten das Daten-Potenzial für eine SHIP-Publikation pro Tag“, betonte der Internist und Epidemiologe. „Ein Geheimnis des Erfolges sind die engen Kooperationen zwischen Greifswalder Instituten und Kliniken. Insbesondere die Biomarkerforschung besitzt dabei einen hohen Stellenwert. Die umfangreichen Informationen zu genetischen und anderen molekularen Charakteristika haben auch zu wertvollen Erkenntnissen in der Hormon- und Stoffwechselforschung geführt.“