Auf der Jahrestagung des MONID-Netzwerks zeigten Forschende, wie Modelle helfen, Infektionswellen einzudämmen. Künftig wollen sie den Fokus erweitern und etwa auch Krankheiten modellieren, die aufgrund des Klimawandels vermehrt auftreten könnten.
In Berlin haben sich rund 180 Modelliererinnen und Modellierer getroffen. Ihr Ziel: noch bessere Prognosen für schwere Infektionswellen.
Lookzoom Filmproduktion Berlin (Evran Öztürk)
Am 11. März 2020 stufte die Weltgesundheitsorganisation den Ausbruch von SARS-CoV-2 erstmals als Pandemie ein. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich der Erreger bereits rasant ausgebreitet und rund 4.000 Menschen das Leben gekostet. Inzwischen sind es laut Statistiken mehr als sieben Millionen Todesopfer weltweit. „Damals gab es in Deutschland gerade mal eine Handvoll Forschende, die sich auf die Modellierung von Infektionskrankheiten spezialisiert hatten“, erinnert sich Professor Dr. Rafael Mikolajczyk. Der Epidemiologe koordiniert gemeinsam mit anderen Expertinnen und Experten das Modellierungsnetz für schwere Infektionskrankheiten, kurz MONID. Heute, fast fünf Jahre nach dem Beginn der Corona-Pandemie, ist in Deutschland eine gut sichtbare und vielfältige Gemeinschaft wissenschaftlicher Modelliererinnen und Modellierer entstanden, die den Kampf gegen gefährliche Erreger nachhaltig stärkt. Bei der dritten Jahrestagung des Netzwerks kamen in Berlin rund 180 Forschende zusammen.
Betonte den entscheidenden Beitrag von MONID zur Pandemievorsorge in Deutschland: Katharina Peter, Unterabteilungsleiterin Technologien in den Lebenswissenschaften im Bundesministerin für Bildung und Forschung (BMBF)
Lookzoom Filmproduktion Berlin (Evran Öztürk)
„Ein bedeutender Erfolg von MONID besteht darin, dass es klar den Nutzen der Zusammenarbeit verschiedener Modellierungsgruppen aufgezeigt hat, um die Krankheitsausbreitung, die Wirkung von Interventionen oder die zu erwartende Belastung des Gesundheitssystems vorherzusagen“, sagte Katharina Peter, Leiterin der Unterabteilung Technologien in den Lebenswissenschaften im Bundesministerin für Bildung und Forschung (BMBF), zur Eröffnung der Konferenz, die vom 26. bis zum 28. Februar auf dem GLS Campus in Berlin stattfand. MONID leiste damit einen entscheidenden Beitrag zur Pandemievorsorge in Deutschland, so Peter.
Verlässlichere Prognosen durch Vielfalt
Modelliererinnen und Modellierer wollen herausfinden, wie sich Infektionswellen ausbreiten und welche Maßnahmen sie am wirksamsten eindämmen können. Ihre Erkenntnisse liefern Politik und Gesundheitswesen eine fundierte Basis für Entscheidungen im Krisenfall. Diese Kompetenz will das BMBF mit MONID stärken. Seit 2022 unterstützt das Ministerium die sieben Forschungsverbünde des Netzwerks mit mehr als 14 Millionen Euro.
Der Verlauf einer Pandemie unterliegt einem komplexen Zusammenspiel zahlreicher Faktoren – von der Verbreitung neuer Virusvarianten über die Impfbereitschaft der Bevölkerung bis hin zum Auftreten lokaler Infektionsherde. Diese Vielschichtigkeit erfordert Modelle, die möglichst viele Parameter berücksichtigen und damit verlässlichere Prognosen ermöglichen. „Man kann sich unsere Forschungsarbeit wie ein großes Puzzle vorstellen“, erklärt Professorin Dr. Viola Priesemann. „Um möglichst viele Teile zu einem aussagekräftigen Bild zusammenzufügen, brauchen wir die Expertise vieler verschiedener Forschungsdisziplinen.“ Priesemann leitet bei MONID den Forschungsverbund InfoXpand, der sich unter anderem dem Einfluss der sozialen Medien auf den Pandemieverlauf widmet. Zum Team der Physikerin zählen auch Forschende aus der Soziologie und den Kommunikationswissenschaften.
Thematischen Fokus erweitern
MONID setzt auf umfassende Vernetzung: innerhalb der Forschungsverbünde, im gesamten Netzwerk und weit darüber hinaus. So kooperiert die Initiative mit Institutionen wie dem Robert Koch-Institut und dem Netzwerk Universitätsmedizin, einem Zusammenschluss der deutschen Universitätskliniken, und zunehmend mit internationalen Forschungsgruppen. Zudem wird das Forschungsnetz in den kommenden Jahren seinen thematischen Fokus erweitern. Neben Infektionen der Atemwege werden künftig auch Infektionskrankheiten in den Fokus gerückt, die durch so genannte Vektoren wie Mücken und Zecken oder multiresistente Erreger in Krankenhäusern übertragen werden. Gefahren, die in Folge des Klimawandels sowie der erhöhten Antibiotika-Nutzung weiter an Bedeutung gewinnen.